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Anhand der Altburger und Würzbacher Kirchenbücher und uralten Rechnungen, die fast kalligraphisch verfasst sind, lässt sich feststellen, dass im 17. Jahrhundert Hans Jerg Reichle *1660 †14.10.1737 in Würzbach den Beruf des Zimmermanns ausgeübt hat. Verh. mit Margaretha N. N. 1686 – 1741, Kinder: Maria Agnes *1698 und Johann Georg *1716. Die heute noch gültigen Begriffe wie Pfetten, Schwellen, Streben, Pfosten, Balken hat es laut dieser Dokumente schon damals gegeben. In diesen Zeiten, als das Handwerk echte Handarbeit war, ohne Vorhandensein von Maschinen, hat die Arbeit der Zimmerer durchweg im Freien stattgefunden. Die Stämme wurden nach dem Fällen entastet, geschält, auf aus Rundholz gefertigte Böcke gelegt und mit Klammern befestigt.
Um die erforderliche Breite des Balkens zu bestimmen, wurde zerstoßene Holzkohle mit Wasser vermengt. Mit sogenannten Tunkeisen wurde eine Schnur durch den schwarzen Brei gezogen und danach entlang dem Stamm gespannt und abgezeichnet. Dann begann das Behauen zuerst mit der Zimmermannsaxt und dann mit dem Breitbeil. Tagelang waren die Zimmerleute bei Wind und Wetter mit dieser körperlich schweren Arbeit beschäftigt. Es ist nachgewiesen, dass handbeschlagene Hölzer eine längere Lebensdauer haben als gattergesägte, da die Holzmaserung beim Beschlagen geschlossen bleibt. Ab Mitte dem 18 Jahrhundert kamen die ersten Gattersägen, die erst im Anfang des 19. Jahrhunderts das Behauen der Stämme überflüssig machten.
Johann Georg *24.01.1716 in Würzbach, Beruf: Bürger und Zimmermann in Würzbach, verh. mit Walburga Kappler *30.09.1712 in Oberreichenbach †22.12.1752 in Würzbach, Kinder: Johann Georg *1744, Rosina *1747, Matthaeus *1749, Christian *1752.
Matthaeus Reichle *10.04.1749 in Würzbach †28.08.1833, Beruf: Bürger und Zimmermann, verh. mit Maria Agnes Roller *22.03.1749 in Würzbach †20.12.1821 in Würzbach, Kinder: Maria Katharina *1779 und Johannes *1787, 1 Kind früh verstorben.
Johannes Reichle *23.01.1787 †08.12.1822, Beruf: Zimmermann in Würzbach, verh. mit Anna Maria Burkhardt *22.03.1791 †05.08.1864 in Würzbach, Kinder: Johannes *1814, Johann Michael *1817, Christian *1819, Maria Katharina *1821, 2 Kinder früh verstorben.
Johannes erbaute 1813 das Wohnhaus in der Wilflingstraße 17 in Würzbach, es ist heute noch das Stammhaus der Familie Reichle, die Ehefrau von Erwin Reichle (Oma des heutigen Geschäftsführers der Holzbau Reichle GmbH) wohnt heute mit ihrer Tochter Susanne und dem Enkel Fynn in diesem Haus.
Johannes Reichle *29.03.1814 †06.06.1877, Beruf: Bürger und Zimmermann in Würzbach, verh. mit Anna Maria Schanz *17.11.1824 in Naislach †11.12.1891 in Würzbach, Kinder: Maria Katharina *1846, Juliane Magdalene *1847, Johannes *1852, 7 weitere Kinder früh verstorben.
Johannes Reichle *06.04.1852 †29.03.1908 in Würzbach, Beruf: Bürger und Zimmermann, verh. mit Christina Katharina Pfrommer *23.11.1855 in Rötenbach †03.12.1940, Kinder: Eva Maria *1876, Johannes *1879, Anna Maria *1880, Christina Katharina *1881, Magdalena *1885, Elisabetha *1886, Gottlieb *1888, Johann Adam *1890, Christina *1895, 5 weitere Kinder früh verstorben.
Gottlieb Reichle *22.06.1888 †28.03.1965, Beruf: Zimmermeister in Würzbach, verh. mit Katharine Kober *11.03.1888 in Altburg †22.08.1970 in Würzbach, Kinder: Käthe *1914, Lina *1915, Frieda *1917, Gottlieb *1920, Hans *1921, Anna *1926, Erwin *1931 Nach dem frühen Tod des Vaters musste Gottlieb mit 20 Jahren den Betrieb übernehmen. Er baute den Werkzeugschopf 1948 zu einer kleinen Werkstatt aus. Dieser harte, aber grundehrliche Mann brachte den Betrieb weiter auf den Weg.
Mit Fahrrad und Handkarren wurde das Handwerkszeug über viele Kilometer zu den Bauwerken transportiert. Aus diesem Grund waren sie meist die ganze Woche an den jeweiligen Arbeitsplätzen. Da der Verdienst, der oft auch aus Naturalien bestand, bei weitem nicht ausreichte, um eine große Familie zu ernähren, musste neben dem Zimmern noch Landwirtschaft betrieben werden. Diese wurde überwiegend von Frau und Kindern übernommen.
Erwin Reichle *08.10.1931 †15.12.2002, Beruf: Zimmermeister in Würzbach, verh. mit Gertrud Förschler *06.08.1932 in Calmbach, Kinder: Thomas Gottlieb *1956, Harald Erwin *1958, Andreas Hermann *1962, Klaus Joachim *1965, Susanne Martina *1970. Erwin Reichle legte 1955 die Meisterprüfung mit großem Erfolg ab, obwohl er nie Zimmermann werden wollte. Aber als jüngstes von sieben Kindern wurde er von seinem Vater gezwungen, die nun schon über 290-jährige Tradition des Zimmerhandwerks weiterzuführen. Und so übernahm er 1958 das Geschäft von seinem Vater. Mit der kleinen Werkstatt, die mit einer Hobelbank, einem Leimofen und Werkzeugen spärlich ausgestattet war, aber mit sehr viel Fleiß und einer unendlichen Schaffenskraft ging Erwin mit seiner Ehefrau Gertrud ans Werk. Oft gab es nur Kartoffeln zu Essen, jeder Pfennig wurde zweimal umgedreht, aber es ging aufwärts. Zuerst kamen Kreissäge und Hobelmaschine in die kleine Werkstatt. Auch konnte dann Anfang der sechziger Jahre mit einem VW Transporter Werkzeug und Material befördert werden.
1968 wurde die erste Werkhalle errichtet, diese konnte 10 Jahre später noch erweitert werden. Für seine Kalkulationen (Vor und Nachkalkulation) wurde Erwin von seinen Kollegen belächelt, diese Arbeit, viele zusätzliche Stunden im Büro, zahlte sich aber aus. Sohn Thomas begann 1970 die Zimmererlehre im väterlichen Betrieb, die er 1978 mit dem Meisterbrief abschloss. Im selben Jahr begann der dritte Sohn Andreas seine Ausbildung. Zusammen mit seinem zehnjährigen Betriebsjubiläum 1988 hat auch er seinen Meistertitel erworben. Erwin wollte seine Söhne für die Treue zum Betrieb belohnen und so wurde die „Erwin Reichle und Söhne GmbH“ gegründet, mit Thomas und Andreas wurden somit 1988 weitere Geschäftsführer bestellt. Erwin war stolz auf seine Zimmerersöhne, zumal er 1988 Großvater von zwei Enkelsöhnen wurde. Mit den Jahren sind es nun mehr sieben und alles Söhne, den jüngsten schenkte ihm seine Tochter Susanne im Jahre 2003. Leider konnte er dies nicht mehr erleben, nach einem schweren Arbeitsunfall und langer schwerer Krankheit verstarb Erwin Reichle am 15.12.2002.
Andreas Reichle *01.11.1962 in Calw, Beruf: Zimmermeister in Würzbach, verh. mit Kerstin Wagner *17.04.1964 Gechingen, Kinder: Christian *1988, Matthias *1990, Manuel *1994, Julian *1997. Nach dem schweren Betriebsunfall des Vaters Erwin 1994 stand es mit dem Betrieb auf Messers Schneide. Andreas entschied sich dafür, den Betrieb als alleiniger Geschäftsführer weiterzuführen, Thomas wollte weiterhin als Gesellschafter im Betrieb mitarbeiten. Diese Entscheidung, wie sich später herausstellte, war für die GmbH ein Glücksgriff. Mit demselben Fleiß, Einsatz und Liebe zu seinem Beruf und Betrieb wird das Lebenswerk der Eltern weitergeführt. Es sind sehr schwere Jahre, die der junge Geschäftsführer vor sich hat, um von heute auf morgen das Unternehmen zu führen. Gegen massive Preiskämpfe der Kollegen am Arbeitsmarkt usw. muss er sich durchsetzen. Nur mit sehr viel Engagement (jeden Morgen der Erste und dann bis spät in die Nacht noch im Büro), mit dem gelernten Wissen vom Vater und der großen Unterstützung seiner Frau Kerstin schafft auch er den Durchbruch. Eine neue Ära in der Zimmerei Reichle bricht an. Mit dem Bau einer neuen, noch größeren Abbundhalle hat Andreas 1995 den Grundstock für eine neue Zeit im Zimmereibetrieb Reichle geschaffen. So konnte nach einem absolut guten Geschäftsjahr 2000, in dem die Firma mit ihren sechs Mitarbeitern an ihre Grenzen gestoßen ist, die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Mit dem erwirtschafteten Gewinn konnte die Firma Erwin Reichle & Söhne sich die Investition einer Abbund Anlage „Hundegger“ K2 mit Hobeleinrichtung und eines neuen Schnellmontagekran leisten. Dieser Schritt öffnete der Firma völlig neue Perspektiven. Im Zusammenspiel aus althergebrachtem Handwerk und neuster Technologie kann für die Kunden ein neues Preis-Leistungs-Verhältnis geschaffen werden und der Betrieb ist weiterhin wettbewerbsfähig. So wird z.B. der Abbund eines Hauses, der sich bisher von mehreren Mitarbeitern auf Tage hinzog, heute in wenigen Stunden von Meister Thomas Reichle allein bewältigt. Mit der Abbund Anlage werden sämtliche Holzkonstruktionen, selbst in schwierigster Ausführung und besonders auch im sichtbaren Bereich, in kürzester Zeit und mit höchster Präzision in einem Arbeitsgang erledigt. Thomas, der älteste der beiden im Betrieb arbeitenden Söhne von Erwin, ist mit Aufriss am PC, dem Abbund an der Anlage (übrigens werden die Hölzer althergebracht mit Bundzeichen römischen Zahlen, Ruten u.a. ausgezeichnet) ausgelastet. Tradition verbindet aber nicht immer. Auch im Handwerk muss man neue Wege beschreiten, zukunftsorientiert denken und mit Hilfe der Computertechnik Arbeitsplätze sichern und erhalten. Dies hat sich der Geschäftsführer Andreas Reichle zur Aufgabe gemacht. So wurde 2015 die alte Abbundanlage durch die neueste Generation „Hundegger“ K2i ersetzt. Die Mutter, Oma und jetzt auch noch Uroma Gertrud Reichle (die Seele des Betriebs) hoffte, dass einer ihrer Enkel, die Tradition und das Lebenswerk erhalten und weiterführen wird und sie sollte nicht enttäuscht werden.
Christian Reichle *07.02.1988, Beruf: Bachelor für Betriebswirtschaft, Zimmermeister, verh. Laura Schlagbauer *14.03.1990 in München, Kinder: Ben Luca *2015, Lia Sofie *2017. Eine neue Generation von Zimmerleuten wuchs heran. So ist der älteste Sohn von Andreas, Christian Reichle nach Abschluss seines Betriebswirtschaftsstudium im September 2007 in den Betrieb eingestiegen. Nach der Lehre und der Meisterprüfung wurde er zur rechten Hand des Geschäftsführers und 2016 zum weiteren Geschäftsführer ernannt. 2011 folgte ihm sein Bruder Manuel, der 2018 seine Meisterprüfung ablegte. Im November 2014 begann der jüngste Bruder Julian seine Zimmererlehre im elterlichen Betrieb. Der vierte und letzte Bruder machte eine Lehre als Feinwerkmechaniker mit anschließender Meisterprüfung. Da sich im Wandel der Zeit auch die Baubranche verändert und immer mehr Gewerke angeboten werden müssen, holte Andreas 2016 seinen Sohn Matthias in den Betrieb. Nach einer Ausbildung zum Blechner, wurde in der alten Werkhalle eine Blechnerei eingerichtet. Somit kann der Betrieb Zimmerei, Dachdecker- und Flaschner arbeiten aus einer Hand anbieten.
Andreas Reichle hatte somit alle seine Söhne in den Zimmereibetrieb Holzbau Reichle GmbH integriert. Der große Wunsch der Senior Chefin Gertrud Reichle, die im August 2018 ihren 86. Geburtstag feierte, ging somit in Erfüllung. Auch eine neue Generation Reichle gibt es schon, Christian und Laura Reichle haben 2015 einen kleinen Ben und 2017, nach über 45 Jahren, das erste Mädchen, Lia im Reichle Clan bekommen. Auch Matthias und Alexandra Reichle sind „guter Hoffnung“. Zum Jahreswechsel 2017 – 2018 wurde der Betrieb neu ausgerichtet. Andreas Reichle trat als Geschäftsführer zurück und Thomas Reichle schied als Gesellschafter aus. Christian Reichle führt seitdem die Holzbau Reichle GmbH, seine Brüder Matthias, Manuel und Julian wurden Gesellschafter.